Neues Handy gewünscht? Geschäft ankurbeln
Weil schon jeder zweite Europäer ein Handy besitzt, schreiben die Hersteller rote Zahlen. Neue Übertragungs-Technologien sollen die Kundschaft animieren.
Neues Handy gewünscht? Lange Zeit nutzten die Kunden die Angebote der Mobilnetzbetreiber und schlossen einen Abovertrag ab, bei dem sie das neue Gerät fast geschenkt bekamen. Telefoniert wurde weiterhin auf dem alten Netz. Jetzt aber sind günstige Handys auch ohne totes Abonnement zu haben, denn die Branche rüstet um auf die neuen Übertragungstechnologien GPRS und HSCSD. Viele der neuen Geräte, die jetzt oder in den kommenden Wochen auf den Markt kommen, sind mit der einen oder anderen Technologie für den schnellen, mobilen Internetzugang ausgerüstet. Wer unterwegs vor allem plaudern will, erhält deshalb Luxus-Handys der herkömmlichen Technologie zum Schnäppchenpreis.
Die Euphorie im Handy-Markt ist abgeklungen. Nach Rekordzahlen im ver-gangenen Jahr hat sich Ernüchterung breit gemacht. Während 2000 weltweit 418 Millionen Geräte verkauft wurden, werden es dieses Jahres nur knapp 400 Millionen sein, wie die deutsche Investmentgruppe Activest hochgerechnet hat. Vor allem in Europa und Amerika geht der Verkauf zurück. Der Markt kühlt sich ab. Über 50 Prozent der Europäer besitzen bereits ein Mobiltelefon.
Die Liste der Handy-Hersteller, die rote Zahlen schreiben, ist deshalb lang geworden. Einzig Branchenführerin Nokia verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr im ersten Halbjahr 2001 rund 15 Prozent mehr Umsatz im Handy-Geschäft. Trotzdem bescheiden, wenn man bedenkt, dass die Finnen noch im letzten Jahr einen gegenüber 1999 um 66 Prozent höheren Umsatz mit Handys auswiesen. Konkurrent Motorola dagegen musste einen Rückgang um 30 Prozent hinnehmen. Schlimm hat es Ericsson erwischt: Die Schweden mussten im ersten Quartal dieses Jahres einen Rückgang um mehr als 50 Prozent verzeichnen und produzieren ihre Handys nicht mehr in eigenen Fabriken.
Auch in der Schweiz wurden die Verkaufserwartungen um rund eine Million Handys heruntergeschraubt: Ericsson Schweiz glaubt, dass dieses Jahr hier zu Lande nur 2 bis 2,1 Millionen Geräte verkauft werden, mag aber ihre eigenen Umsatzzahlen und Umsatzerwartungen nicht konkretisieren. «Mit unseren neuesten Modellen sehen wir unsere Absatzzahlen wieder im starken Aufwind», sagt Sprecherin Rosanna Sahin nur. Auch bei Motorola Schweiz sieht man bloss eine vorübergehende Flaute. Genaue Zahlen sind zwar nicht erhältlich, aber rund zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung sind mit einem Mobiltelefon ausgerüstet. Der Branchenverband Protelecom zählte hier zu Lande Ende April 4,81 Millionen Handy-Kunden.
Für die Hersteller spielt es eine Rolle, wie häufig die Handys gegen ein neueres, besseres Modell ausgetauscht werden. Wer sich für zwei Jahre bei einem Netzbetreiber verpflichtet und dafür sein Edel-Handy fast geschenkt bekommt, wird es wohl nicht so schnell eintauschen. Nur etwa die Hälfte aller verkauften Handys geht an Neukunden ohne Abo. Barbara Fürchtegott von Nokia Schweiz schätzt, dass sogar zwischen 60 und 70 Prozent aller verkauften Handys Upgrades sind, also ein altes Telefon ersetzen.
In welchem zeitlichen Abstand dies geschieht, weiss niemand genau. Die Branche setzt grosse Hoffnungen auf GPRS: Die schnelle Datenübertragungs-Technologie soll zum Kauf eines neuen Handys bewegen. Auch neue, standardisierte SMS-Formate mit Bild und Ton sollen zum Neukauf animieren.
Ob dies gelingt, ist so unsicher wie der genaue Zeitpunkt des Starts von UMTS: Für diese noch neuere Mobilfunktechnologie braucht es in zwei, drei Jahren schon wieder neue Geräte.