Nati-Coach: Der grosse Unbekannte
Seit Wunschkandidat Christian Gross abgesagt hat, wird die Suche nach einem Nati-Coach immer schwieriger – ein Nährboden für Gerüchte.
Was haben Matthias Sammer und Enzo Trossero gemeinsam? Ziemlich wenig, ausser dass beide im Fussball-Business tätig sind. Eines aber verbindet sie: Ihre Namen wurden als mögliche Nachfolger von Gilbert Gress als Coach der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft genannt. Sie sind nicht die einzigen. Seit Wunschkandidat Christian Gross entschieden hat, beim FC Basel zu bleiben, ist kein klarer Favorit mehr in Sicht. Von Ratlosigkeit will Eugen Mätzler, Delegierter der Nationalmannschaft, allerdings nichts wissen: «Wir haben eine klare Strategie und gehen gezielt vor.»
Namen will der Ostschweizer nicht nennen, das überlasse er den Medien. Deren Spekulation treibt manchmal seltsame Blüten. So ist gemäss der Gratiszeitung «20 Minuten» ein Mann mit harter Hand gefragt, doch unter den möglichen Anwärtern wird Gérard Castella genannt, von dem es heisst, er sei mit den Spielern zu lieb. Immerhin wäre Castella sofort verfügbar, und er gehört zu den jungen Schweizer Trainern, die sich in letzter Zeit etabliert haben. Die Meinung über sie ist im Verband jedoch geteilt: Während der Technische Direktor Hansruedi Hasler auf ein «Eigengewächs» setzen will, beurteilen andere sie als «zu grün». Dies trifft nicht zuletzt auf Lucien Favre zu, obwohl der «Blick» ihn sogar Christian Gross vorgezogen hätte. Andere wie Marcel Koller und Andy Egli haben abgesagt, und Martin Andermatt wird in Ulm bleiben, zumal die Bundesliga-Saison schon bald wieder beginnt.
Umso mehr richtet sich die Aufmerksamkeit auf einen Ausländer. Die abenteuerlichste Variante soll Ottmar Hitzfeld – unerreichbare Traumbesetzung als Naticoach – ins Spiel gebracht haben: Matthias Sammer. Die grosse Figur der EM 1996 ist seit mehr als zwei Jahren wegen Knieproblemen inaktiv und besucht einen Trainerlehrgang. Die «Berner Zeitung» bezeichnete den Bosnier Ivica Osim als Kronfavoriten. Und Miroslav Blazevic, kroatischer Nationaltrainer mit Schweizer Pass, hat sich nicht zum ersten Mal gleich selber ins Gespräch gebracht.
In gewissem Sinn gilt dies auch für Roy Hodgson, der in den Medien sein Interesse bekundet und damit jene Gerüchte genährt hat, wonach es ihm am nötigen Enthusiasmus für die tägliche Arbeit bei den Grasshoppers mangelt. GC-Präsident Peter Widmer weist solche Spekulationen zurück, und auch verbandsintern stösst der Engländer auf Opposition: Verschiedene Funktionäre tragen es ihm noch heute nach, dass er vor der EM 1996 zu Inter Mailand abgesprungen war.
Im Gespräch sind weiter Berti Vogts, Bo Johansson und besonders der Argentinier Enzo Trossero. Vielleicht aber trifft es den grossen Unbekannten. Der Verband jedenfalls will sich nicht hetzen lassen. «Wir wollen keine schnelle, sondern eine gute Lösung», sagt Eugen Mätzler. Dafür nimmt er in Kauf, dass das Trainingslager vom Februar in Oman von Assistenztrainer Hanspeter Zaugg oder U-21-Coach Köbi Kuhn geleitet werden muss. Ein idealer Auftakt zur WM-Qualifikation, das gibt auch Mätzler zu, wäre das aber nicht.