Die Schöpfer des Wachstums
Neue Firmen schaffen nicht nur Arbeitsplätze, sondern beschleunigen auch das Wirtschaftswachstum. Eine Erkenntnis, die nun mit einer von der Risikokapital-Beteiligungsgesellschaft Apax Partners & Co. finanzierten Studie wissenschaftlich bewiesen wurde. Die Formel ist einfach: Je akzeptierter in einem Land das Unternehmertum ist, desto mehr Firmen werden gegründet und entsprechend höher ist das Wirtschaftswachstum.
Da liegt die Schweiz ganz offensichtlich im richtigen Trend. Wie Pilze schossen in den letzten Jahren die Organisationen, Initiativen und Anlaufstellen aus dem Boden, deren Ziel es ist, Unternehmensgründerinnen und -gründern den Weg in die Selbstständigkeit zu erleichtern. In den Neunzigerjahren wurden auch die Technoparks und Gründerzentren initiiert, die als eigentliche Brutstätten neuer Firmen agieren. Gleichzeitig hat sich hier zu Lande auch eine veritable Venture-Capital-Szene entwickelt, welche die wachstumsträchtigen Projekte mit dem nötigen Kapital versorgt. Und jetzt öffnet sich sogar die Schweizer Börse mit dem SWX New Market den Wachstumsfirmen.
Trotzdem ist es ums Unternehmertum hier zu Lande nicht gut bestellt. Obwohl Kurse für angehende Unternehmer wie beispielsweise die Veranstaltungen von ETH-Tools einen riesigen Ansturm mit 500 oder mehr Teilnehmern verzeichnen, die Kommission für Technologie und Innovation KTI Millionen dafür aufwendet, um Projekte aus der angewandten Forschung für die kommerzielle Umsetzung fit zu trimmen, kommt die Schweiz nicht vom Fleck. Im Gegenteil: Schon letztes Jahr wurde ein Rückgang der Firmengründungen verzeichnet. Auch im ersten Halbjahr 1999 wurden wiederum weniger Firmen gegründet, wie kürzlich die Wirtschaftsauskunftsdatei Creditreform meldete.
Während also andere europäische Länder wie Italien auf der Aufholjagd sind und enorme unternehmerische Aktivitäten entfalten, kommt in die hiesige Jungunternehmerszene einfach zu wenig Drive. Negative Auswirkungen für die Schweiz sind bereits absehbar. Zwar kommt Professor Beat Hotz-Hart, Vizedirektor im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie, in seinem eben im Verlag Rüegger (ISBN 3 7253 0644 3) erschienenen Buch «Wissen als Chance – Globalisierung als Herausforderung für die Schweiz» zum Schluss, dass die Schweizer Wirtschaft im internationalen Vergleich ein hohes Niveau hält und die gegenwärtigen Leistungen gut sind. Trotzdem erheben Hotz und Co-Autor Carsten Küchler warnend den Zeigefinger: «Die vorgelegte Analyse der Bestimmungsfaktoren der technisch-wissenschaftlichen Zukunft im Landesinnern deutet auf ein Abbröckeln der bisher sehr guten Position hin.» Oder anders gesagt: Der Standort Schweiz lebt von seiner Substanz.
Zugegeben: Nach wie vor geht es der Schweiz und ihren Bewohnern gut. Zu gut, meinen Leute wie der Zürcher Unternehmer und Financier Branco Weiss. Die Statistiken beweisen, dass, je besser es den Leuten geht, desto weniger Mut haben sie, eigene Firmen zu gründen. Zudem sind die staatlichen Förderungen des Unternehmertums in der Schweiz im Vergeich zu anderen Ländern viel zu bescheiden. Warum beispielsweise will der Gewinner des diesjährigen Swiss Economic Award Wolfang A. Renner von der Cytos Biotechnology in Deutschland ein Labor eröffnen? Nicht nur wegen des einfacheren Marktzugangs, sondern wegen der dortigen Förderung: «Wenn wir in Deutschland eine Mark investieren, erhalten wir zwei vom Staat.»